
Regionale Weihnachts-Traditionen in Deutschland
Weihnachten in Deutschland ist nicht nur ein Fest der Lichter, sondern auch eine Reise durch viele regionale Traditionen. Wer im Dezember durch das Land fährt, erlebt eine Mischung aus alten Geschichten und lebendigen Ritualen, die von Region zu Region eine eigene Atmosphäre schaffen. Wir zeigen euch in unserem Blogbeitrag, wie spannend und vielfältig die Adventszeit in Deutschland ist und wie stark Kultur und Geschichte miteinander verbunden sind.
Der Krampus in Süddeutschland
In Süddeutschland, besonders in Bayern und im Alpenraum, beginnt der Advent oft mit einem Schreckmoment. Wenn die Nächte länger werden und Nebel über den Straßen hängt, ziehen sogenannte Krampus-Gruppen los. Der Krampus (auch Kramperl)[1] trägt eine wilde Maske, Fell und schwere Glocken, mit denen er einen Höllenlärm erzeugt. Er schwingt seine Bündel aus dünnen Zweigen und rennt mit lautem Geschrei durch die Gassen.
Beim „Kramperltratzn“[2] versuchen Kinder den Krampus zu necken, ohne von seinen langen Ruten erwischt zu werden. Daran erkennt man, dass der Brauch eine Art Spiel ist. Der Krampustag ist in anderen Gegenden der Nikolausabend, an dem die Kinder beschenkt werden. Genau wie sein Pendant[3], Knecht Ruprecht (eine regionale Variante des Nikolaus-Begleiters), steckt Krampus die unartigen Kinder in seinen Sack.
[1] Abgeleitet vom mittelhochdeutschen bzw. bairischen Begriff „Krampen“, auf Hochdeutsch „Kralle“.
[2] Der Begriff „tratzn“ ist ein Dialekt aus Oberbayern und bedeutet so viel wie „reizen“ oder „verspotten“.
[3] Gegenstück, Entsprechung (aus dem Französischen: ‘pendant’)
Die Perchten im Alpenland
In vielen Alpenland-Regionen mischt sich der Brauch mit der sogenannten Perchten-Tradition. Der Begriff ist abgeleitet von „berchtnacht“[1], dem Mittelalter-Wort für das Epiphaniasfest (Heilige Drei Könige) am 6. Januar. Die Perchten teilen sich auf in die „Schönperchten“ (die guten Perchten) und die „Schiachperchten“ (die bösen Perchten). Die guten Perchten sieht man nur am Tag, die bösen nur in der Nacht.
Während der Krampus für Strafe steht, repräsentieren die Perchten den Kampf zwischen Gut und Böse. Bis heute finden im Süddeutschland und im Alpenland die Perchtenläufe während der „Rauhnächte“[2] statt. Ein traditioneller Perchtenlauf beginnt oft mit einem Umzug, bei dem die Perchten durch die Straßen marschieren. Dabei machen sie viel Lärm mit Glocken und Peitschen, um die bösen Geister des Winters zu vertreiben.
[1] Im Mittelhochdeutschen bedeutet „bercht“ so viel wie „hell“, „glänzend“.
[2] Die Rauhnächste sind die 12 Tage vom 24.Dezember bis 06. Januar (Heiligabend bis Heilige Drei Könige).
Traditionen im Erzgebirge
Stiller begeht man die Adventszeit im Erzgebirge, eine Region mit langer Bergbaugeschichte. Die über den runden Eingängen („Münder“) der Gruben angebrachten Bögen zeigten ursprünglich christliche Motive, später einen Himmel mit Sonne, Mond und Sternen. Da es im Winter auch an der Erdoberfläche dunkel ist, spielte das Bedürfnis nach Licht für die Bewohner des Erzgebirges eine sehr große Rolle. So entstanden aus den ursprünglichen Eingangslichtern von Stollen die berühmten Schwibbögen[1]. Außerdem fertigte man bunt beleuchtete Pyramiden und Räuchermännchen aus Holz an. Bis heute werden sie in vielen Werkstätten per Hand gefertigt. An den sogenannten „Hutzenabenden“[2] treffen sich Familien und Freunde, trinken Tee, erzählen Geschichten und lauschen Weihnachtsliedern. Die Bergparaden, bei denen Männer und Frauen in historischen Uniformen durch die Straßen ziehen, erinnern an den Stolz und die Gemeinschaft der damaligen Bergleute. Wer einmal eine solche Parade gesehen hat, vergisst die feierliche Stimmung so schnell nicht.
[1] Im Hochdeutschen bedeutet „schwib“ so viel wie „schweben“
[2]Im Hochdeutschen bedeuten „hutzen“ so viel wie „zusammenhocken“
Poltern in Norddeutschland
Im Norden Deutschlands weht ein anderer Wind, und mit ihm kommen andere Bräuche. An Silvester ziehen Kinder und Erwachsene beim Rummelpottlaufen geschminkt und verkleidet mit einem „Rumpelpott“[1] durch die Orte. Sie sagen Reime auf und singen traditionelle Lieder und bekommen dafür kleine Geschenke. Mit Hilfe des Polterns sollten in früheren Zeiten in den Rauhnächten um die Jahreswende wahrscheinlich Wintergeister vertrieben werden. Heute verbindet dieser Brauch die Nachbarschaften und bringt viel Freude in die kalte Jahreszeit.
[1] Abgeleitet vom niederdeutschen Begriff „rummeln“ = poltern).
Nikolaustag im Westen und Südwesten
Im Westen und Südwesten spielt der Nikolaus eine große Rolle. Er besucht am 6. Dezember viele Familien und wird von Figuren wie Knecht Ruprecht oder Hans Muff begleitet. Die Kinder in der Nacht zum 6. Dezember geputzte Stiefel vor die Tür, die dann der Nikolaus für die braven Kinder mit Süßigkeiten füllt. Die Begleiter des Nikolaus übernehmen wie der Krampus die Rolle des „Kinderschrecks“ und sind genauso als finstere Gestalten dargestellt, wirken jedoch weniger furchteinflößend als der Krampus im Süden. Typisch für Nikolaus sind auch süße Backfiguren aus Hefeteig, die überall in Bäckereien zu finden sind. Je nach Region heißen sie Stutenkerl, Weckmann oder auch Dambedei.
All diese Bräuche zeigen, wie bunt und lebendig die deutsche Weihnachtszeit ist. Sie erzählen von vergangenen Zeiten, von Hoffnung im Winter und von dem Wunsch, die dunklen Tage gemeinsam zu überstehen. Traditionen verbinden Menschen, Familien und ganze Gemeinden. Kinder wachsen mit ihnen auf, Erwachsene erinnern sich an frühere Winter, und ältere Menschen erzählen gern von den Festen ihrer Kindheit.
Mehr über Weihnachtsbräuche in Deutschland erfahrt ihr in unserem Blogartikel Deutsche Weihnachtstraditionen – beliebt in der ganzen Welt. erman Christmas traditions – popular all over the world.
