
Denglisch, Hip-Hop-Phrasen und Netzjargon – die Bausteine deutscher Jugendsprache
Wer heutzutage einer Gruppe deutscher Jugendlicher zuhört, versteht als älterer Mensch oftmals nur Bruchstücke eines Satzes. Seit jener Generation, die sich in den 60er-Jahren mit Wörtern wie „cool“ gegen die herrschende Klasse abgrenzen wollte, ist viel passiert. Im Folgenden werfen wir einen Blick auf den immer populärer werdenden Mix von Englisch, Deutsch, Hip-Hop-Slang und Netzsprache.
Verwendung englischer Wörter im Deutschen
Spätestens seit dem Einzug der Computer in den Alltag der Menschen, sind viele Begriffe, die sich in den deutschen Sprachgebrauch eingeschlichen haben, Englisch. Wir alle benutzen Begriffe, wie „E-Mail“, „Chat“ oder „Laptop“, ohne nachzudenken. Denglisch, die Vermischung aus englischen und deutschen Begriffen zu einem neuen Wort, entstand zur selben Zeit. Adjektive wie „stylisch“, Verben wie „pushen“, oder Substantive wie „Sommerlook“ (ein so genanntes Hybrid-Wort) sind Beispiele einer Bemühung, dem Deutschen Lässigkeit zu verleihen.
Gerade in der Werbung sind Anglizismen (ins Deutsche übertragene englische Wörter) seit Jahren ein „Trend“. Vor Neuschöpfungen wird kein Halt gemacht, unterliegt man doch in der Branche dem Zwang zum „Trendbewusstsein“. Die Botschaften unter Jugendlichen sollen – genau wie in der Werbung – „cool“ und „trendy“ wirken. So wird zum Beispiel aus „jemanden ignorieren“ einfach „jemanden ghosten“ – abgeleitet vom englischen „to ghost“ (plötzlich den Kontakt abbrechen).
Wenn englische Wörter deutsch werden
Besonders interessant ist, wie englische Verben und Adjektive in die deutsche Grammatik eingepasst werden. Hier ein paar typische Beispiele aus der Alltagssprache:
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1. Englische Verben mit deutscher Konjugation
Viele englische Verben werden im Deutschen wie reguläre Verben behandelt. Man erkennt sie oft an der typischen „ge-“-Form im Partizip II (Vergangenheit):
- haten (von „to hate“): „Er hat mich voll gehatet.“
Bedeutung: Er hat mich stark kritisiert oder abgelehnt. - cringen (von „to cringe“): „Ich habe so gecringed.“
Bedeutung: Ich habe mich fremdgeschämt. - updaten (von „to update“): „Das Programm wurde geupdatet.“
Bedeutung: Das Programm wurde aktualisiert. - bingen (von „to binge-watch“): „Wir haben die Serie durchgebinged.“
Bedeutung: Wir haben die Serie am Stück geschaut.
- haten (von „to hate“): „Er hat mich voll gehatet.“
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2. Englische Adjektive mit deutscher Flexion ⤵️
Auch Adjektive aus dem Englischen werden teilweise an die deutsche Grammatik angepasst, so dass eine grammatikalisch korrekte Verbindung aus englischem Adjektiv und deutschem Satzbau entsteht:
- nice: „Das ist ein nic-es Auto.“ oder „Sie hat eine nice Stimme.“
Bedeutung: nett, schön, cool
Manchmal bleiben die Adjektive auch unflektiert (ohne Endung), vor allem in der Umgangssprache. Das hängt vom Kontext und dem Sprachgefühl des Sprechenden ab.
- random: „Das war eine random Entscheidung.“
Bedeutung: willkürlich, zufällig
- nice: „Das ist ein nic-es Auto.“ oder „Sie hat eine nice Stimme.“
Was bedeutet eigentlich „Digga“?
Ein Wort, das besonders häufig in der Jugendsprache auftaucht, ist „Digga“ (auch: „Dicker“). Es stammt ursprünglich aus dem Hamburger Raum und ist eine umgangssprachliche Anrede unter Freunden – ähnlich wie „Alter“ oder „Kumpel“. Es hat nichts mit dem Körpergewicht zu tun, obwohl es vom Wort „dick“ kommt. Populär wurde „Dicker“ durch die Hamburger Hip-Hop-Acts der 1990er Jahre, wie „Absolute Beginner“, „Ferris MC“, „Eins Zwo“, „Dendemann“, „Fünf Sterne Deluxe“, oder „Das Bo“.
Beispiele:
- „Ey Digga, was geht?“ → „Hey Kumpel, wie geht’s dir?“
- „Digga, das war krass!“ → „Mann, das war heftig!“
Inzwischen wird das Wort oft unabhängig vom Geschlecht verwendet und ist in ganz Deutschland verbreitet – besonders in urbanen Jugendkulturen.
Netzjargon
Netzjargon (oder Internet Slang) entwickelte sich aufgrund der steigenden Nutzung von Instant Messaging-Diensten und sozialen Netzwerken. Im Laufe der Zeit hat sich eine ganz eigene Sprache zur Kommunikation entwickelt, die durch die Verwendung von Abkürzungen, Emoticons, Memes und anderen Ausdrücken eine schnelle und effektive Kommunikation ermöglicht.
Netzjargon ist geprägt von Anglizismen, da die englische Sprache hier vorherrschend ist. Besonders Abkürzungen und Akronyme sind Teil der Alltagssprache geworden und werden nicht mehr nur unter Jugendlichen verwendet.
Beispiele:
- lol (laughing out loud)
Bedeutung: laut auflachen - brb (be right back)
Bedeutung: bin gleich zurück - ASAP (as soon as possible)
Bedeutung: so schnell wie möglich - FYI (for your information)
Bedeutung: zu deiner/Ihrer Information
Sprache ist immer im Wandel – besonders bei jungen Menschen. Die Mischung aus Deutsch und Englisch ist für viele ein Zeichen von Modernität und Zugehörigkeit zur digitalen Welt. Wer sich auf Social Media bewegt, Computerspiele spielt oder englischsprachige Serien schaut, übernimmt automatisch viele Begriffe.
Diese sprachliche Mischung wirkt auf Deutschlernende oft verwirrend. Aber sie ist ein spannendes Beispiel dafür, wie flexibel und kreativ Sprache sein kann – und wie stark sie von Medien und Kultur beeinflusst wird.
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