Interview mit Erika von den Nördlichen Marianen (The Northern Mariana Islands)

Teil 2: Leben und Studium in Deutschland

Erika ist in einem Außengebiet der Vereinigten Staaten geboren und aufgewachsen. Sie stammt von Saipan, der größten Insel und Hauptstadt der Inselkette der Nördlichen Marianen im Pazifischen Ozean. Im Rahmen eines Austauschprogramms hat sie an Deutschkursen der Carl Duisberg Centren in Berlin und Köln teilgenommen.
Erika lebt seit Juli 2024 in Deutschland und erzählt in unserem Interview von den Unterschieden zum Inselleben, von ihren Erfahrungen beim Deutschlernen und davon, was sie am meisten an Deutschland mag. 

1. Erika, wie war dein erster Eindruck von Deutschland? War es schwierig für dich, dich einzugewöhnen?

Wenn man bedenkt, dass ich zum ersten Mal das Inselleben, mit dem ich aufgewachsen bin, hinter mir gelassen habe und in eine weitaus größere Stadt mit unzähligen Möglichkeiten umgezogen bin, kann ich von Glück sagen, dass mir die Anpassung an das kulturell doch sehr unterschiedliche Leben in Deutschland sehr leicht gefallen ist. Ich bin unglaublich dankbar für die Unterstützung des Parlamentarischen Partnerschafts-Programms während meines gesamten Aufenthalts. Mir wurde mir immer wieder ins Gedächtnis gerufen offen zu bleiben und flexibel zu sein, und ich denke, das hat mir sehr geholfen. 

Allerdings muss ich sagen, dass ich mich nie ganz an das Wetter gewöhnt habe.

2. Wie ist das Wetter in Deutschland im Vergleich zu Saipan?

Ich bin im Sommer nach Deutschland gekommen, und interessanterweise empfand ich es heißer als in Saipan. Im Herbst und vor allem im Winter ist es hier dagegen deutlich kälter als ich erwartet hatte. Die Kleidung, die ich von zu Hause mitgebracht hatte, habe ich nur selten benutzt und mir stattdessen neue Kleidung gekauft. Ich hatte jedoch die Gelegenheit, hier alle vier Jahreszeiten zu erleben. Ich habe im letzten Winter meinen ersten Schnee erlebt, ich habe gesehen, wie sich die Bäume im Herbst verfärben, erlebe dieses Jahr meinen ersten Frühling und Sommer in Deutschland…währenddessen ist es das ganze Jahr über tropisches warm in Saipan. Es gibt zwar auch eine Regenzeit, aber meistens ist die ganze Zeit Sommer. 

3. Welche anderen Unterschiede gibt es zwischen dem Leben in Deutschland und deiner Heimatinsel?

Da Saipan eine kleine Insel ist, kann man alles sehr schnell erreichen – das bedeutet, dass es wenig öffentliche Transportmittel gibt. Entweder geht man zu Fuß oder nutzt das Auto als Transportmittel. 

Ein weiteres Konzept, das ich in Deutschland als relativ neu empfand, ist der Datenschutz. Alles wird gründlich dokumentiert und man muss eine Menge an Papierkram erledigen. Darüber hinaus wird die Privatsphäre hier sehr hoch geschätzt. Das ist bei uns zu Hause viel weniger der Fall, und ich finde den Kontrast interessant.

Und natürlich ist auch das Essen ganz anders. Ich war zu Hause an verschiedene asiatische Küchen gewöhnt: die Chamorro-Küche, die philippinische, die koreanische, die japanische, die chinesische, die thailändische und viele andere Küchen. Hier kann ich die meisten von ihnen weiterhin essen und habe auch die Möglichkeit, andere Gerichte zu probieren, beispielsweise aus der Türkei, Griechenland und natürlich Deutschland.

4. Welches ist dein Lieblingsessen in Deutschland?

Ich hatte schon immer ein Faible für Schnitzel, aber ein Erlebnis im Karneval hat mich besonders beeindruckt: Ich war in einem Brauhaus, das ein Schnitzel mit pikanter Bratensoße und sautierten Pilzen servierte, dazu gab es Pommes. Es war mit Abstand eines der besten deutschen Gerichte, die ich während meiner Zeit hier gegessen habe - es war unglaublich lecker, und ich denke immer noch ab und zu daran zurück.

5. Was gefällt dir sonst noch am Alltag in Deutschland?

Ich glaube die Tatsache, dass es jeden Tag etwas Neues zu entdecken gibt. Ob es nun darum geht, beim Kochen zu experimentieren – die Auswahl an Lebensmitteln und Ernährungsmöglichkeiten ist hier vielfältiger und zugänglicher – oder neue Parks zu entdecken, Restaurants auszuprobieren oder an lokalen Veranstaltungen oder Workshops teilzunehmen. Es gibt immer etwas, auf das man sich freuen kann.

In ähnlicher Weise schätze ich die zunehmende Akzeptanz gesünderer Lebensweisen. Beispielsweise scheint Radfahren in Deutschland viel häufiger zu sein, was ich vorbildlich finde. Ein weiterer toller Ansatz für Nachhaltigkeitsbemühungen ist die Mülltrennung.

Ein weiterer Aspekt ist die ständige Begegnung mit unterschiedlichen Menschen aus allen Lebensbereichen, das ist in Saipan ähnlich. Auch wenn mein Heimatland klein ist, umfasst es verschiedene Kulturen. So fühlt sich das Leben in einer bunten, multikulturellen Umgebung für mich immer wie ein Zuhause an. Ich freue mich, dass ich das hier weiterhin erleben kann.

6. Kannst du uns noch etwas über deine Sprachkurse erzählen?

Als ich in Berlin ankam, habe ich zunächst bei den Carl Duisberg Centren zwei Monate lang Intensiv-Deutschkurse bis zum Sprachniveau B1 besucht und erfolgreich die Zertifikatsprüfung abgelegt. Anschließend hatte ich das Glück, durch mein Praktikum bei den Carl Duisberg Centren meine Sprachstudien fortzusetzen zu können. 

Meine Erfahrungen mit den Kursen waren sehr positiv und bereichernd. Der Unterricht war intensiv, aber gut strukturiert. Vor allem habe ich den interaktiven und intensiven Unterrichtsstil geschätzt. Eine besondere Erfahrung war das Gemeinschaftsgefühl im Klassenzimmer: Meine Lehrer*innen waren nicht nur kompetent, sondern auch sehr hilfsbereit, und meine Mitlernenden brachten viel Energie und Motivation mit. Dadurch wurde der Lernprozess weniger einschüchternd und machte viel mehr Spaß.

7. Was ist den Lieblingswort in Deutsch?

Eines meiner liebsten deutschen Wörter ist “Sehnsucht”, da ich im Herzen schon immer ein Sehnsuchtsmensch war. Es fängt das Gefühl des Verlangens und die Faszination des Strebens nach etwas Ungreifbarem ein. Etwas, das immer unerreichbar scheint, was aber wert ist, danach zu streben.   

Ich mag auch das deutsche Wort „doch“. Ich finde es unglaublich vielseitig - es kann auf so viele Arten verwendet werden, was es sowohl lustig als auch ausdrucksstark macht. Es ist charmant, wie ein einziges Wort je nach Kontext und Betonung so viele Bedeutung haben kann.

8. Welche Tipps kannst du Deutschlernenden geben?

Einer der besten Ratschläge, die ich geben kann, ist, die deutsche Sprache auf eine Art und Weise in den Alltag zu integrieren, die sich natürlich anfühlt und Spaß macht. Hört zum Beispiel Musik eures Lieblingsgenres auf Deutsch oder seht euch deutsche Filme und Serien an, am Anfang ruhig mit Untertiteln. Wenn ihr euch mit Inhalten beschäftigt, die euch wirklich gefallen, wird die Sprache zu einem festen Bestandteil, ohne dass man es merkt. 

Es ist auch sehr hilfreich, den eigenen Lernstil zu ermitteln und die Übungen entsprechend anzupassen. Lernst du lieber visuell oder auditiv? Liest du oder schreibst du lieber? Natürlich gibt es kein Patentrezept, aber je mehr die Methoden eurem Lernstil entsprechen, desto größer werden eure Fortschritte sein.

Abgesehen davon gibt es im Deutschen eine ganze Reihe von Grammatikregeln und Strukturen, daher ist Wiederholung der Schlüssel! Es versteht sich von selbst, dass das Erlernen einer Sprache nicht immer einfach ist, aber es lohnt sich. 

Seid geduldig mit euch selbst, lasst euch Zeit und denkt daran, dass der Prozess Spaß machen soll.

Vielen Dank Erika! Wir wünschen dir alles Gute für die Zukunft. 

Möchtest du auch gerne Deutsch lernen und die deutsche Kultur kennenlernen? Dann informiere dich auf unsere Webseite über unsere Sprachkurse in Deutschland.